Montag, 1. April 2019

Samstags ausgehen

Wie ich ja sehr oft betone, bleibe ich gerne daheim. Ist jedoch das kulturelle Angebot ausnahmsweise nicht sehr schlecht, verlasse ich die Kabache und werde zum Tier! So ähnlich könnte es beispielsweise am vergangenen Samstag vonstattengegangen sein, als mich der Musiker Aosuke aus der Wohnung klingelte, um mit mir zum Noisexistance-Festival "auf Kampnagel" sich zu begeben. Die interessante Frage, wieso man selbstverständlich auf Kampnagel sagt, wurde hie und da schon gestellt, jedoch nie vernünftig beantwortet.
Der Abholer hatte zwei Dosen Fahrtbier in der Hand, es handelte sich um das leider exquisite IPA "Steven Seagull" der Sudden-Death-Brauerei aus Timmendorfer Strand. "Leider" deswegen, weil das empörend beschissene Design der Dosen uns wahrhaft erzürnte - die Produktnamen der ganzen Craft-Beer-Suppe sind ja weltweit schon lachhaft, aber wieso gibt es denn nur ca. zwei Brauereien ohne blinden Graphik-Designer? Hier übrigens die Namen dreier sehr guter Musiker, die sich mit Craft Beer beschäftigen und auskennen: Hellvete, C.Worth, Jandek! So!
Ziel der verfrühten Abfahrt war die von mir bereits überprüfte Pizzeria Pizza Social Club im Mühlenkamp. Schließlich galt es, sich vor dem zu erwartenden Zechnis ein wenig zu stärken. Oder gar: zu stärcken!
Als Hr. Aosuke und ich jedoch in der Tür der Gaststätte standen, informierte der (überaus freundliche) Kellner uns darüber, daß an diesem Abend geschlossene Gesellschaft sey, eines Geburtstags wegen. Davon ließen wir uns die Laune nicht eindellen, es stellte sich aber die Frage, was bitteschön das für Unmenschen sind, die an einem Samstag für eine verfluchte Geburtstagsfeier eine vollständige Pizzeria mieten und somit für den gastrosophisch interessierten Feingeist komplett blockieren? Erwartungs- und naturgemäß waren auch wirklich nur Leute zu erblicken, die man umstandslos und guten Gewissens als komplette Arschlöcher charakterisieren durfte.
Fortsetzung folgt.

Freitag, 29. März 2019

Drei Tatsachen

I)
Der Musiker Alex Zhang Hungtai hat eine neue Schallplatte veröffentlicht. Als ich dieser Tage im drogeninduzierten Delirium zu frühmorgendlicher Stunde in die Stammkneipe einschwirrte, spielte der Wirt sie ab; und die formidable Dröhnmusik wirkte psychoakustisch auf mich ein. Vorvorgestern präsentierte Huangtai "Divine Weight" im Hafenklang. Ich ging nicht hin, da ich einen Hipster-Alarm befürchtete, und was können Hipster nicht? Sie können nicht zwei Minuten schweigen, was bei dieser Musik ein Sakrileg ist, und darüber hinaus höre ich dergleichen ohnehin lieber in schlechter Gesellschaft, also meiner, in heimischer Kontemplation. Dennoch besuchte ich, um etwas über den zu erwartenden Befüllungsgrad des Konzertortes herauszufinden, die "Veranstaltungsseite" auf facebook. Dort erfuhr ich wenig, wohl aber, daß eine Person mit dem interessanten Namen Happiest Donmoen verlautbaren ließ: "Meine Familie und ich kauften 4 Tickets für diese Show. Leider ist einer meiner Söhne krank. Ich bin sehr traurig darüber, aber ich möchte nicht bereuen, dass ich die Tickets gekauft habe. Bitte kommentieren Sie, wenn Sie Tickets benötigen, die ich kontaktieren kann. Ich bin bereit, meine Tickets zu einem erschwinglichen Preis auszugeben. Vielen Dank" - kaum zu glauben!
Ungleich bestaunenswerter jedoch der Hilferuf von Oluwaloni Stoner Chase Yrn: "😂😂😂😂😂😂 Ich werde nicht mehr an der Veranstaltung teilnehmen, da mein Sohn gesund war. Ich habe fünf digitale Tickets zum Verkauf erhalten. Wenn Sie einen Dank benötigen" - die völlig besinnungslos eingesetzten Emotika so wie die "geniale temporale Begründungsstruktur" (Musiker Aosuke) werfen ja nun schon die Frage auf, ob dergleichen von wahrscheinlich künstlicher "Intelligenz" entworfene Betrugsversuche nicht schlicht als eigene Literaturform anerkannt werden sollten.
Wie auch immer, ich blieb daheim, wo ich mit der Liebsten zwei kostspielige Biere austrank, die ich vordem im Bierfachgeschäft Beyond Beer erstanden hatte. Es ist, da bin ich mir ja im Glasklaren darüber, so eine Sache mit der Craftbeerhuberei. Auch zurechnungsfähige Menschen beklagen oder belustigen sich erbost darüber und kippen sich halsstarrig Jever in den Schlund, wie z.B. der Hamburger Trommelkünstler Martin Boeters, der jedoch auch mal allen Ernstes Warsteiner im Kühlschrank hat! Allein, man muß sich ja nicht gemein machen mit den nach erfolgreichem Physikstudium aussehenden Bier-Experten-Heinis, die tagtäglich im Laden stehen und siegesgewiß fachsimpeln. Viemehr zieht man sich in eine wenig belebte Ecke des Ladens zurück, tauscht mit dem Musiker Aosuke eine von diesem aus Katalonien importierte Fuet gegen eine Folge der hyperinteressanten Mixtape-Reihe "Zilveruitjes" (was übrigens so viel wie "Silberzwiebelchen" heißt) des Ultra Eczema-Labels aus Belgien sowie eine gut erhaltene Ausgabe von "Die Pietisterey im Fischbein-Rocke" von Luise Adelgunde Victorie Gottsched und plaudert über des anderen neu erwachte Leidenschaft für das Gun Club-Hören. Jeffrey Lee Pierce, Oberdandy des Schützenvereines, hatte sich bereits mit neunundzwanzig Jahren eine Leberzirrhose erarbeitet!
Was zu Tatsache
II)
führt: egal, wie viel Mühe wir uns geben, das schaffen wir als im vierzigsten Lebensjahr sich Befindende nicht mehr. Was wir auch anstellen, Jeffrey Lee Pierce war besser! Dafür ist er ja auch schon tot.
Und Tatsache III? Tatsache III habe ich vergessen. Nein, Tatsache
III)
ist mir soeben wieder eingefallen! Am heutigen Tage werde ich im Vorgarten Vergißmeinnicht aus dem Nachlaß von Gunter Gabriel pflanzen.

Donnerstag, 28. Februar 2019

Gedanken zur Bifana

Der Frühling birgt güldene Straßen. So daß ich den Wanderstab ergreife und hinausflaniere in die Stadt, doch nicht allzu weit. Autos und Menschen verderben mir das Dasein, nicht jedoch den Appetit. In meinem Alter verläßt man die Wohnung ohnehin nur noch, um sich irgendwo mit Nahrungsmitteln zu beschäftigen, denn: die Musik und somit alle Konzerte sind fade geworden; die durch Freundschaft verbundenen Menschen hingegen greise oder familiär gefesselt, weswegen auch der Kaschemmenbesuch nichts mehr bringt. Außer, man möchte sich in bester Gesellschaft (also der eigenen) gepflegt vollaufen lassen, doch auch das geht besser daheim. Wohlan!
Mein Ziel am gestrigen Tage war die Pastelleria an der Grindelallee, die ich bereits am vergangenen Sonntag angesteuert hatte, doch wie nicht wenige portugiesische Cafés erlaubt man sich die gewisse Halsstarrigkeit, Sonntags Ruhetag zu haben. Eigentlich eine willkommen zu heißende Frechheit, doch auch, wie es der mir wenig später zufällig auf der Straße begegnende Wirt, Sänger und Klebekünstler Fynn Steiner bestätigte: eine Unsitte!
Angelockt hatte mich, wie die Überschrift möglicherweise nahelegen könnte, ein nachlässig hingeworfener Hinweis auf die Bifana. Dies traditionelle Schnitzelbrötchen wird von mir seit Jahren, ach was sag' ich: Jahrzehnten aufmerksam beäugt bzw. verzehrt, wo immer sich die Möglichkeit bietet. Und diese Stadt bietet es in verschiedensten Qualitätsstufen, doch dazu ein anderes Mal.
Beherzt betrat ich das Café, es präsentiert sich in herkömmlicher Portugiesencafénüchternheit. "Eine Bifana, bitte!" sprach ich zu dem erwartungsfrohen Herrn am Tresen, woraufhin er die an einem der Tische Huhn mit Kartoffeln verspeisende Dame und offenbar Chefköchin aus ihrem Mahl reißen mußte. Dies tat mir leid, und ich befaßte mich eingehend mit dem Getränkeangebot im Kühlschrank: kein portugiesischer Kakao! Sehr wohl aber ein eiskaltes Sagres. Trotz der eigentlich auferlegten Abstinenz griff ich zu, woraufhin mir der freundliche Herr nahelegte, ich könne doch auch ein frisch gezapftes haben. Ausgezeichnet!
Nun jedoch mal zum Ziel dieser Ausführungen: Die in der "Pastelleria" servierte Bifana unterscheidet sich dahingehend von allen mir bis dato vorgesetzten dahingehend, daß das Fleisch geschnetzelt und in einer ausgesprochen würzigen Tomatensauce ins Brötchen geworfen wird. Dies sei, so erklärte mir die nicht minder freundliche Dame, die traditionelle Art Portos. Formidabel!
Derart versorgt saß ich also am Fenster, geblendet vom Stern und zwischendurch frappiert von der aus dem Radio plärrenden "Musik", besonders erstaunte mich ob seiner formvollendeten Beschissenheit ein Barde, der etwas von "Herz über Kopf" in den Raum würgte, es handelte, wie ich später herausfand, um den Sänger Joris. Beim Teutates, wie wunderbar, daß es hier nicht um Musik geht.

Dienstag, 18. Dezember 2018

Zu Besuch im Haco

Es gehört ja durchaus zu den komplizierteren Angelegenheiten der Um-die-40-Seier, einen gemeinsamen Termin mit mehr als zwei Personen zu finden. Mithin unkompliziert gestaltet es sich bisweilen bei den Ex-Punks, schwieriger wird es da schon bei verelterten Pop-Heinis oder in der Erlebnisgastronomie Schuftenden - ersteres Segment hier repräsentiert von Knut "Hansmaria Richter" Stenert, zweiteres von mir selbst. Dritter im Bunde der Meistenszeithaber Deniz Jaspersen; und moderne Kommunikationsmittel ermöglichten dann doch allgemein zufriedenstellenden Terminfund. Selbstredend sagte der in diesem Falle Triebfederdarsteller S. wegen eingeschleppter Seuche ab, was Deniz J. nur mit "Wir gehen alleine! Keine Widerrede!" kommentierte. So gefällt der Mann mir, und was er nicht weiß: ich wäre sogar ganz alleine gegangen, so wir ich einst, von allen Völlereifreunden im Stich gelassen, alleine ins Restaurant Vlet gegangen bin. Im übrigen tatsächlich gegangen, da es für mich zum guten Ton gehört, vor und nach einem 170-Euro-Menü zu geizig für eine Kurzstreckenfahrkarte zu sein, aber das hat ja ideologische Gründe.
Nun! Pünktlich wie ein Maurer stand ich im Laden "mitten in St. Pauli, also im Herzen Hamburgs", wie die Homepage des Ladens etwas hölzern prahlt (es geht aber noch klappriger: "So leidenschaftlich der Ort, so emotional und intuitiv die Küche." - nunja, Werbetexter!).
Zufrühkommer Jaspersen hatte bereits Platz genommen, der freundliche Herr vom Sevice nahm mir den heruntergekommenen Parka ab und bot zunächst einen 2009er Moet mit Auster an. Sachten wir nicht nein, und mußten auch zugestehen, daß die 18,50 für das Glas nicht zu hochgestapelt waren. Austerntechnisch würde ich mich ja nicht zum Experten mogeln, beiweitem noch nicht, da fehlt mir noch etwa ein Dezennium Austernerfahrung - aber diese war nun wirklich mehr als zufriedenstellend.
Und zur Sache:

rilette
Als erster Gruß aus der Küche hausgemachtes Entenrillette auf knusprigem Graubrot. Irgendwie ja ein grobes Gericht und wahrlich, nicht unsalzig. Allerdings ein toller Kontrast zu Auster und Champagner und ein guter Start in den Abend.

bete

Rote Bete in vier Variationen. Falls ich mich recht entsinne: auf Haferkeks (der leider langweilig war oder zu groß) als Gelee, rehydriert (sehr gut!), quasi als Praline mit Ziegenkäsefüllung (sehr fein) sowie als Creme in einer Frühlingsrolle (die Gewinnerin).
Nebenbei bemerkt hatte sich das sonst jedwedem Besäufnis keineswegs abgeneigte Duett dazu entschlossen, nur eine halbe Weinbegleitung zu bestellen. Da wir leider zum Glück doch sehr viel Privates zu verhandeln hatten, wurde auf eine Weinbegleitungsdokumentation kurzerhand verzichtet, am besten gefiel uns jedoch ein apulischer Rotwein. Namen sind Schall im Rausch.

blumenkohl

Hier wurde es sehr interessant: Eigelb, Kartoffel und Blumenkohl in de- und rekonstruierter Form, roh oder gepoppt (hierzu der schlichte * Begleiter: "Schmeckt wie Pom-Bär!") (*keine Sorge, wutentbrannte Gegendarstellung ist bereits in Arbeit!) - ein erlebsnisreicher Gang mit einer etwas zu winzig geratenen Portion Ossietra-Kaviar, die allerdings umgehend zu Spekulationen über die eigene berufliche Zukunft in einer alteingesessenen Kaviarmanufaktur führte. Allein, nicht sonderlich weit. Auch bemerkenswert: das (wahrscheinlich) zielführende, rücksichtslose Vermengen aller Komponenten zu einem Löffelklatsch verbot zumindest mir tatsächlich der Respekt vor der Mühe, die in den Einzelteilen steckte! Das gewöhnen wir uns auch noch ab.

pastete

Als "weihnachtlich" angekündigte Rehpastete mit geräuchterter, eingelegter Aprikose. Ein vorzüglicher Gang, wobei die "Weihnachtlichkeit" der Pastete doch etwas zu zaghaft umgesetzt wurde; hier wäre mehr Gewürz tatsächlich mehr gewesen. Im übrigen
gilt das auch für die grandiose Aprikose, die zusammen mit der cremigen Pastete wirklich ein vollendetes Duett einging: beide Vertreter der Maßlosigkeit hätten sich ein zweites Stück Obst auf dem Teller gewünscht. Setzen, dennoch eins.

marone

Kann es sein, daß der Marone endlich die Aufmerksamkeit zuteil wird, die sie immer schon verdient hat? Wenig Worte seien gemacht: In Kombination mit scharf angebratenem Rosenkohl und einem am Boden versteckten Backpflaumengelee war diese Maronensuppe (schreibe niemals: Süppchen, Barbar!) schlicht ein Schritt zum Glück. Sehr schön, danach waren alle zufrieden.

topi

Und dann dies: Topinambur quasi als Ofenkartoffel im Einklang mit hausgemachter, geräucherter Butter. Der Begleiter schimpfte diesen Teller einen 'quatschigen' Gang, ich daselbst bescheinigte der Knolle eine schlechte Handhabbarkeit, das Genestel und Gewurschtel beim Befreien des Fruchtfleisches aus der Schale war sicherlich äußerst unansehnlich, aber es hat ja niemand geguckt. Vor allem aber frage ich mich, wieso die Butter als geräuchert angekündigt war - davon war nämlich leider rein gar nichts zu schmecken. Schade, ein vielversprechender Gang, der in seiner Schlichtheit sicherlich überzeugen hätte können, aber die Fragwürdigkeit seiner Einzelteile ließ dies nicht zu. Lediglich die Schnittlauchröllchen waren wirklich einwandfrei.

fisch

Folglich der Fisch. Der auf der Karte angekündigte Heilbutt war leider nicht eingeschwommen; was es als Ersatz gab, ist mir unverzeihlicher Weise entfallen. Als jemand, der jedoch gerade mal Aal von Bismarckhering unterscheiden kann, darf ich das allerdings. Ein versöhnlicher Gang mit beurre blanc, Jakobsmuschelmayonnaise, Chips von der Petersilienwurzel und ein wenig Grünzeug. Schön salzig, das ist wichtig zu später Stunde, und wirklich Freude bereitend.

bauch

Und dies: die große Versöhnung. Sous vide gegarter Schweinebauch mit knackigem Grünkohl, einer grandios dichten Sauce und einem vielleicht etwas sparsam beigefügten Stückchen Birne. Ein Gedicht von krossen Hexametern, fetten Jamben und … oh, entschuldigt: Der Dollase war in mich gefahren! Oder irgend ein anderer Feuilleton-Trottel. Im Ernst - genau so muß ein siebter Gang daher kommen, Vollendung und Plättung!

flammeri

Pre-Dessert: ein kleines Flammeri an geeistem und geraspelten Joghurt auf irgendeiner Waldbeere. Schon schön, wobei mir die Aufgabe des Joghurts eher als eine verwässernde Idee daherkam.

merengue

Zum Abschluß eine Meringue von der Haselnuß mit einem Kern von Schwarzwurzelparfait und versteckter Preiselbeere. Zwei Liebhaber von Schwarzwurzel mußten jedoch die konstruktive Kritik abgeben, daß das zwar hervorragende Parfait zugunsten der auf so viel Zuspruch stoßenden Meringue ein wenig zu dick im Bauch derselben steckte.

Hernach die übliche Frage nach Kaffee. Blitzgescheit kontert der Begleiter mit der Frage nach einem Bier. Denn, und damit hat der Mann nunmal Recht: ein Kaffee nach dem Essen ist Quatsch. Man begibt sich dann gefälligst nach Hause, denkt über die Menufolge nach und geht schlafen. Man braucht keinen abschließenden Koffeinschock. Über einen Schnaps läßt sich reden, auch wenn er nur die Aufgabe hat, einen noch besoffener zu machen. Die hat das Bier ja schließlich auch!

Während des Bierglasaustrinkens - übrigens ein Störtebeker, wobei ich mich frage, was ausgerechnet dieses doch eher unspektakuläre Bier in so viele gastronomische Einrichtungen auch gehobenerer Art gebracht hat - wurde uns noch das fast vergessene allerletzte Tellerchen mit einer Schlehenpraline gebracht. Diese war nicht nur sehr köstlich, sie paßte interessanterweise auch sehr gut zum Bier.

Fazit sey: Ich fand es für das Gebotene ein wenig zu hochpreisig, den Service aber freundlich und zuvorkommend. Die in diesem Text stiefmütterlich behandelte Weinbegleitung war absolut tadellos. Unsereins besucht in naher Zukunft ohnehin erstmal noch die vielen weißen Flecken auf unserer Spachtellandkarte.

Freitag, 26. Oktober 2018

Der Herr Trific im erdbeerfressenden Drachen

Eine erstaunliche Überschrift, doch in Gänze sinnvoll. Der "Erdbeerfressende Drache" ist die in den Räumlichkeiten des ehem. Juweliers momentan tätige Restauration, und bereits mehrfach betrachtete ich auf dem Wege zur Sklavenarbeit die Speisekarte und speicherte diese als höchst interessant ab. Nun ist H. Wennefelder ein Mann der Tat, so wie einst Bismarck, und so nahm ich am gestrigen Tage, zur Essenszubereitung zu faul, die Liebste an die Hand und sprach: Gehe mit mir zum Erdbeerfressenden Drachen!
Es empfing uns ein freundlicher Jüngling und wies darauf hin, daß Donnerstags stets "Spieltag" sei, mit sonderlichen Spezial-Ideen, heute: Der Chefkoch hat sich frei genommen, an seiner Statt steht der Trific in der Küche (und kocht, selbstredend).
Ein kurzer Blick auf die Menükarte vermittelte den Eindruck, daß zu bleiben sich lohnen könnte, bei drei Gängen pro Person kam der Sparfuchs auf je 35 Euro hinaus; pro Gang gab es drei bis vier Positionen zur Auswahl, was dem wankelmütigen Volke sehr gut gefiel.
Ich daselbst wählte zur Vorspeise 'Knusprige Zunge', hernach ein Backhendl, schlußendlich Friesisch Blue am Haferkeks.
Die Wartezeit verkürzte ein Grauburgunder vom Winzer Habichvergessen, der jedoch ausgezeichnet den Abend einläutete. Barbarenhaft, diese Namensvergessenheit!
Die knusprige Zunge präsentierte sich leider paniert, wobei sich "leider" selbstredend nur darauf bezieht, daß ich ja somit zwei panierte Gänge hintereinander zu essen hatte - hätte ich das gewußt, wäre mir zum Entree sicherlich das Vitello Heilbutto, item Rosa Kalb mit geräucherter Heilbuttcreme und knusprigen Kapern oder so auf den Tisch gekommen, doch nun denn: bisweilen zahlt man halt für den selbst auferlegten Innereienzwang.
Der genannte Gang war ausgezeichnet - die Zunge zart wie ein Kalbsschnitzel, hochsensibel ausgebacken und mit exakt bißfesten Linsen sowie einer wirklich formvollendeten Malzbierreduktion dargeboten. Chapeau! Es kam die Frage auf, ob das Säubern des Tellers mit einer Brotscheibe gegen etwelche Tischregeln verstößt - bzw. kam sie eben nicht, es geschah einfach.
Das beste Backhendl aller Zeiten kam mir mal an einem phantastischen Sommertag in Innsbruck unter. Auch so eine Frage des Vertrauens, Geflügel allgemein, weswegen ich ja eigentlich gar keines mehr esse, und im Paniermehlmantel ohnehin. Hohe Ausbackkompetenz wurde ja schon oben konstatiert, und sie zeigte sich auch am Vogel. Ausgezeichnet! In der Salatschüssel präsentierte sich ein Gurkensalat, der sich mindestens mit jenem in der Veddeler Fischbraterei messen kann, ein halblauer Kartoffelsalat von Vorzüglichkeit sowie ein grüner Salat mit Kürbiskernöl. Und noch einer mit Sellerie oder so, der auch ausgezeichnet war. Es kam die Frage auf, ob das Abnagen des Hühnerbeines gegen etwelche Tischregeln verstößt, bzw. siehe oben.
Die Herzdame hatte sich, keine Experimente wagend, zum Hauptgericht ein geschmortes Schaufelstück mit Sellerie-Kartoffel-Pürree gewählt, auch hier war jede Komponente kompetent gefertigt, vom auf der Gabel zerfallenden Fleisch bis hin zum Jus mit Schalotten, und auch die Luftigkeit des Pürrees ließ nix zu wünschen übrig. Dennoch keimte in mir die Frage auf, ob Pürrees nicht in Siebeckscher oder gar Gremlizascher Grundsätzlichkeit abzulehnen sind: selbst in getrüffelter Variante kommen sie immer gemein, ja stopfend und kleinbürgerlich daher. Dennoch aß ich auch diesen Teller gerne leer.
Zum Abschluß präsentierte sich ein Friesisch Blue, der mir persönlich zu fest war, mit Haferkekskrümeln, von denen ich mir mehr gewünscht hätte und irgendeinem Senfkorngedöns; in der Kombination allerdings auch tadellos. Auch zum Dessert mußte ich auf dem Teller der Begleitung für tabula rasa sorgen, ein sehr solides Mousse au Chocolat mit eingelegten Quitten (die mir äußerst recht waren, ihr nicht). Vom Nachbartisch wurde ein dilettantisch mit Messer und Gabel halbblankgesäbeltes Hühnerbein abtransportiert, womit sich die obige Frage nun wirklich endgültig erledigt hätte, es sah grauenerregend aus.

Fazit: Hätte ich mich bei der Vorspeise nicht verwählt, wäre ich noch zufriedener gewesen, jedoch auch auf die Malzbierrreduktion verzichten. Ein Dilemma. Vierte Möglichkeit im Hauptspeisensegment waren übrigens Föhrer Miesmuscheln, und wie es der Zufall so brachte, sandte der Genosse Buhmann aus dem Bistro Carmagnole die Depesche, daß die dort verzehrten Miesmuscheln "überragend" gewesen seien. Es bleibt also spannend und noch viel zu tun.

Mittwoch, 3. Oktober 2018

Vom Schrecken der Nacht

Mich träumte, ich hätte eine Glatze, was den Träumenden weniger erstaunte als die Form des Haarausfalles; quasi ein in der Mitte sich verdickender und nach hinten bzw. vorn sich verjüngender Anti-Iro. Darüber hinaus stand das Resthaar wirr in sämtliche Himmelsrichtungen. Das gesamte Erscheinungsbild der Kopfbedeckung wies auf jemanden hin, der völlig den Verstand verloren hat.
Dementsprechend habe ich seit dem Aufwachen in keinen Spiegel mehr geblickt!

Donnerstag, 23. August 2018

Tris der Schrecklichkeiten

Auf der Parkbank saß ein Herr und rauchte Zigarillo. Zu seinen Füßen stand eine Anderthalbliterflasche Coca Cola; hierzu stellte er ein beachtliches Maß an Selbstmitleid zur Schau.
Da dachte ich mir: eine Kombination von derartiger Beschissenheit muß man auch erstmal mit solcher Perfektion hinbekommen.

Donnerstag, 16. August 2018

Beweis der Hirnschmelze

Im Rahmen eines anspruchslosen Messejobs besuchte ich die sanitären Anlagen und wusch mir zunächst die Hände, sodann schritt ich zum Urinal. Derweil lief das Wasser aus dem Wasserhahn munter weiter. Und wie ich da so stand, hörte es nicht auf zu laufen. Ich wunderte mich über die seltsame Frequenz, in welcher der Wasserlaufabschaltmechanismus, der ja nun an den meisten öffentlichen Waschbecken installiert ist, vor sich hin lief. Ich zählte gar die Sekunden bis zum Versiegen des Wasserstrahles und begann mich über die Wasserverschwendung zu ärgern.
Bis es mir aufging, daß der Hahn per Hand wieder zuzudrehen war und niemand sonst außer mir für diese ärgerliche Episode im Laufe der Gestirnsgeschichte verantwortlich war!
Dumm, nicht wahr? Ich möchte es auf die dauerhafte Hitze schieben, die für eine Dürre im Synapsenfeld gesorgt hatte.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Absturz in vergangene...
Ziemlich genau wie bei dem von meinem alten Freund...
Hartwig Wennefelder - 26. Apr, 11:36
Eine fürchterliche Idee
Man muß sich seine Freuden im zusehends fortgeschritten...
Hartwig Wennefelder - 19. Feb, 14:32
Guz ist tot
Den aus der Schweiz stammenden Musiker Guz alias Olifr...
Hartwig Wennefelder - 3. Feb, 13:34
Ich kenne den Film nicht...
Ich kenne den Film nicht und würde ihn wahrscheinlich...
steppenhund - 25. Aug, 12:17
Ich und der Cineasmus
Lange, lästig lange Jahre meines Lebens war ich pleite,...
Hartwig Wennefelder - 25. Aug, 10:39

Links

Suche

 

Status

Online seit 6708 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 26. Apr, 11:36

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren