Donnerstag, 28. Februar 2019

Gedanken zur Bifana

Der Frühling birgt güldene Straßen. So daß ich den Wanderstab ergreife und hinausflaniere in die Stadt, doch nicht allzu weit. Autos und Menschen verderben mir das Dasein, nicht jedoch den Appetit. In meinem Alter verläßt man die Wohnung ohnehin nur noch, um sich irgendwo mit Nahrungsmitteln zu beschäftigen, denn: die Musik und somit alle Konzerte sind fade geworden; die durch Freundschaft verbundenen Menschen hingegen greise oder familiär gefesselt, weswegen auch der Kaschemmenbesuch nichts mehr bringt. Außer, man möchte sich in bester Gesellschaft (also der eigenen) gepflegt vollaufen lassen, doch auch das geht besser daheim. Wohlan!
Mein Ziel am gestrigen Tage war die Pastelleria an der Grindelallee, die ich bereits am vergangenen Sonntag angesteuert hatte, doch wie nicht wenige portugiesische Cafés erlaubt man sich die gewisse Halsstarrigkeit, Sonntags Ruhetag zu haben. Eigentlich eine willkommen zu heißende Frechheit, doch auch, wie es der mir wenig später zufällig auf der Straße begegnende Wirt, Sänger und Klebekünstler Fynn Steiner bestätigte: eine Unsitte!
Angelockt hatte mich, wie die Überschrift möglicherweise nahelegen könnte, ein nachlässig hingeworfener Hinweis auf die Bifana. Dies traditionelle Schnitzelbrötchen wird von mir seit Jahren, ach was sag' ich: Jahrzehnten aufmerksam beäugt bzw. verzehrt, wo immer sich die Möglichkeit bietet. Und diese Stadt bietet es in verschiedensten Qualitätsstufen, doch dazu ein anderes Mal.
Beherzt betrat ich das Café, es präsentiert sich in herkömmlicher Portugiesencafénüchternheit. "Eine Bifana, bitte!" sprach ich zu dem erwartungsfrohen Herrn am Tresen, woraufhin er die an einem der Tische Huhn mit Kartoffeln verspeisende Dame und offenbar Chefköchin aus ihrem Mahl reißen mußte. Dies tat mir leid, und ich befaßte mich eingehend mit dem Getränkeangebot im Kühlschrank: kein portugiesischer Kakao! Sehr wohl aber ein eiskaltes Sagres. Trotz der eigentlich auferlegten Abstinenz griff ich zu, woraufhin mir der freundliche Herr nahelegte, ich könne doch auch ein frisch gezapftes haben. Ausgezeichnet!
Nun jedoch mal zum Ziel dieser Ausführungen: Die in der "Pastelleria" servierte Bifana unterscheidet sich dahingehend von allen mir bis dato vorgesetzten dahingehend, daß das Fleisch geschnetzelt und in einer ausgesprochen würzigen Tomatensauce ins Brötchen geworfen wird. Dies sei, so erklärte mir die nicht minder freundliche Dame, die traditionelle Art Portos. Formidabel!
Derart versorgt saß ich also am Fenster, geblendet vom Stern und zwischendurch frappiert von der aus dem Radio plärrenden "Musik", besonders erstaunte mich ob seiner formvollendeten Beschissenheit ein Barde, der etwas von "Herz über Kopf" in den Raum würgte, es handelte, wie ich später herausfand, um den Sänger Joris. Beim Teutates, wie wunderbar, daß es hier nicht um Musik geht.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Absturz in vergangene...
Ziemlich genau wie bei dem von meinem alten Freund...
Hartwig Wennefelder - 26. Apr, 11:36
Eine fürchterliche Idee
Man muß sich seine Freuden im zusehends fortgeschritten...
Hartwig Wennefelder - 19. Feb, 14:32
Guz ist tot
Den aus der Schweiz stammenden Musiker Guz alias Olifr...
Hartwig Wennefelder - 3. Feb, 13:34
Ich kenne den Film nicht...
Ich kenne den Film nicht und würde ihn wahrscheinlich...
steppenhund - 25. Aug, 12:17
Ich und der Cineasmus
Lange, lästig lange Jahre meines Lebens war ich pleite,...
Hartwig Wennefelder - 25. Aug, 10:39

Links

Suche

 

Status

Online seit 6722 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 26. Apr, 11:36

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren