Sonntag, 25. August 2019

Ich und der Cineasmus

Lange, lästig lange Jahre meines Lebens war ich pleite, da ich viel Zeit hatte. An einen Besuch im Lichtspielhaus war somit selten zu denken, und nun, da der Zaster ausreichend in die Kabache rollt, vertändelt "man" die Zeit mit weiterer Amassierung von Zahlungsmittel, oftmals leichthin Lohnarbeit geheißen, womit keine Zeit für freizeitliche Vergnügungen bleibt!
Eine glatte Lüge. Selbstredend ist es mir auch in diesen trüben Zeiten gegeben, hin und wieder ein Kino aufzusuchen, allein, das aktuelle Filmangebot regelmäßig auf Sehenswertes zu durchforsten, ist kein Vorgang, der mir in Fleisch und Blut übergegangen wäre. Bedauerlich, denn so verpasse ich regelmäßig beispielsweise diese hochinteressante Klassikerserie im Metropolis, was ich hier zuvörderst hinschreibe, um sie in Zukunft möglicherweise nicht mehr zu verpassen.
Doch zum Punkt. Mehr be- als anempfohlen wurde mir das Anschauen von Q. Tarantinos neuem Werk "Once Upon A Time In Hollywood"; weswegen ich an sonnigem Nachmittag mit dem Genossen Gnill im eigentlich verhaßten Abaton-Kino verabredet war.
Ich war gewarnt worden vor epischer Länge, doch Eskapismus lebt schließlich davon, daß man ihn nicht in Fünfminutenfetzen genießt; er sollte durchaus mindestens stundenweise serviert werden. In diesem Falle wird man, erinnere ich mich recht, 163 Minuten in eine gewisse kalifornische Stadt im Jahre 1967 katapultiert. Abgehalfterte Fernsehserienschauspieler, "fucking Hippies" an allen Straßenecken, sehr gute Autos, sehr gute Bierdosen, eine als 'ziemlich unaufgeregt' zu bezeichnende Story. Dies sind fünf zentrale Punkte des Films, die durch des Regisseurs unverhohlene Liebe zum Detail und zum Kintopp im allgemeinen zu einem äußerst unterhaltsamen Werk verbunden werden. Wobei zentrale Punkte, die zu einem Werk verbunden werden, eine ziemliche Hanstwurstmetapher darstellen! Doch sei es darum! Zum Glück bin ich ja kein Filmkritiker, und Filmkritikenleser bin auch nicht, allenfalls lese ich nach dem Kinobesuch mal eine, um herauszufinden, welche filmhistorischen Anspielungen ich nicht verstanden habe, denn ein Cineast bin ich ja auch nicht. In seiner ansonsten recht klug erscheinenden Rezension des Filmes in der aktuellen Ausgabe von konkret bezeichnet Fritz Tietz die Hauptfiguren übrigens als "Arschlöcher". Ein erstaunlich dummes Wort für eine Rezension und darüber hinaus eine erstaunliche Fehleinschätzung, da z.B. ich sowohl mit Rick Dalton (L. di Caprio) als auch mit Cliff Booth (B.Pitt) aber wirklich umgehend in die nächstbeste Kneipe laufen würde, um dort am Tresen zu verweilen, bis man mich mit den Füßen nach vorne ins Freie befördern müßte!
Wie dem auch sei: Nach dem Abspann war ich mir mit meinem Begleiter einig, daß dieser gute Film gerne noch zwei weitere Stunden hätte dauern können; trotz Überlänge war von Länglichkeit keine Spur.
Kaum hatten wir das Kino verlassen, mußten wir uns an einem dieser typischen Cineastentypen vorbeischieben: Mittfünfziger mit schwarzer Brille in schwarzem Jackett, der in jovialer Allwissenheit vor zwei bis drei staunenden Zuhörer#innen die dümmsten und selbst für einen bekennenden Laien wie mich offensichtlichsten Gemeinplätze breittritt: "…am Schluß dann der Gewaltexzeß, wie man es von ihm kennt… naja, waren ein paar ganz nette Einfälle dabei…"
Selbstverständlich äfften Herr Gnill und ich, kaum waren wir außer Hörweite, den degoutanten Volltrottel zeitgleich und wortgetreu nach.
steppenhund - 25. Aug, 12:17

Ich kenne den Film nicht und würde ihn wahrscheinlich auch nicht ansehen. Aber der Bericht darüber gefällt mir. Ich selber bin natürlich ein alter Trottel und ich freue mich, wenn ich im Fernsehen alte Schinken wie "die drei Tage des Kondors" oder "Chinatown" ansehen kann. Dabei denke ich dann, dass es doch interessant ist, wie früher Spannung erzeugt werden konnte.
Gegen Tarantino habe ich nichts. Beim ersten Mal "Pulp Fiction", das ich vor 20 Jahren gesehen habe, fand ich überhaupt nichts dran. Aber jetzt vor kurzem in der Wiederholung konnte ich doch etwas damit anfangen.
Aber wenn schon Tarantino, dann "From Dusk til Dawn". Diesen Film fand ich großartiger als alles andere, was ich von ihm gesehen habe. Naja, Kill Bill hat auch erst mehrmaliges Ansehen benötigt, bis ich mich damit anfreunden konnte.
Na gut, vielleicht werde ich mir den Film auch noch ansehen :)

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