Freitag, 10. März 2006

Mein kluger Freundeskreis

Nun, da es Klagen gab über pornographische Verlautbarungen in diesem kleinen Elektromagazin, möchte ich die Verstummung beenden und mitnichten Zweifelhaftes niederschreiben.
Heute beispielsweise war ich zum Frühstück verabredet mit meinem Herzensbruder Th. Koester. Ich trat auf die Straße, um das Café aufzusuchen, in welchem wir uns treffen wollten, und, sieh da!, einer Schneeschicht gleich legte sich eine Schneeschicht über die geschäftige Stadt. Konzentriert staksten nun Bürger und Bürgerinnen durch die Straßen, wo an nicht allzu wenigen Stellen bereits häßliche Matschtümpel ihr ekles Antlitz zeigten.
Nur wenige Sekunden, nachdem ich besagtes Café betreten hatte, schälte der Kamerad sich aus dem Gestöber, von klobiger Kapuze vor den Schneekristallen geschützt. Nach kurzer Begrüßung sprach er kopfschüttelnd: "Dieser Regen..." -
Nicht, daß ich laut hätte auflachen müssen, aber ich fand diese Bemerkung ausgesprochen geistreich.
Jedem, der diese Auffassung nicht teilt, sei's vergolten.

Donnerstag, 16. Februar 2006

Vom unschönen Abschied

Im Supermarkt kam folgende Frage auf: welche Todesart ich mir denn als die erniedigendste vorstelle, wollte der Kamerad und Laffe Alv. Rod. P. Ot. wissen. Zunächst dachte ich, daß den Suizidlingen nachzusagen sei, daß nahezu ein jeder, der sich selbst entleibt, ein gänzlich ehrloses Subjekt sei. Der Sachverhalt ist in diesem speziellen Todesfalle aber ungleich komplizierter, und so entwarf ich folgendes Szenario, dessen Vorgeschichte allein schon ausschließlich aus Details besteht, die zur Erniedrigung ganzer Heerscharen ausreichten!
Also: man streift also mangels eines ausdrucksstarken Sexuallebens mißmutig durch die Gassen der Heimatstadt. Plötzlich findet man sich vor einem Gebäude wieder, in dem eine Person haust, zu der man eine weit über das rein körperliche Interesse herausgehende Beziehung pflegt, sprich: dergleichen wurde noch gar nicht in Betracht gezogen. Man ist stets ganz keusch beisammen, trinkt guten Wein und spricht über Eichendorff und Nabokov.
Nun aber erklimmt man, einer plötzlichen und nicht bezwingbaren Eingebung folgend, den Baum, der vor dem Hause steht, und siehe da: kaum ist man auf Höhe der entsprechenden Wohnung angelangt, betritt die Dame ihr Schlafzimmer. Sie wohnt im vierten Stock, drum werden die Vorhänge nicht zugezogen. Gottlob, es ist Sommer, das Blattwerk ist dicht, niemand sieht von der Straße aus den keuchenden Neandertaler, der da im Geäst hängt und unverhohlen äugt und der sich auf der Einbahnstraße der Evolution quasi in die falsche Richtung zurück auf den Baum bewegt hat!
Das Objekt der Begierde entblättert sich nun langsam, das Licht erlischt und nur der Schein einer Kerze auf dem Vertiko erhellt noch das Dormatorium. Es wird Hand angelegt. Das mit der Kerze ist keine gute Idee, man möchte doch wissen, ob der Pelzbesatz die selbe Farbe hat wie das Haupthaar! Man versucht also, sich dem Fenster zu nähern, man begibt sich auf dünnen Ast, die zitternden, schweißnassen Hände finden nur noch schwerlich Halt.
Die Hose, vorsorglich geöffnet, rutscht langsam herab. Da ist die Verhedderung groß, man verliert das Gleichgewicht und bleibt zudem mit dem Hals an einer Nylonschnur hängen, denn im Winter ist einem besonders dummen Kind der Drachen in der Baumkrone hängengeblieben.
Und so klatscht man volles Rohr ans Schlafzimmerfenster einer guten Freundin, halb entblößt, und der letzte Eindruck, der sich von diesem irdischen Dasein ins langsam strangulierte Hirn frißt, sind die vor Entsetzen aufgerissenen Augen einer Lady, der man mit Sicherheit den Rest der Woche und möglicher- und fatalerweise einen famosen Orgasmus versaubeutelt hat.
Touché!

Montag, 6. Februar 2006

Lustigkeit gehört auch dazu!

"Die besten Witze", so sprach einmal Willfried Penner, lange Jahre Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages, "schreibt zuweilen das Leben selbst!" - Dieser feinen Sprüchleinweisheit möchte ich eine eigene, wirrige, möglicherweise irrige Version hintanstellen: Die besten Witze schreibe zuweilen ich!
Zum Beispiel diesen: Einmal saß ich im urig eingerichteten Kellerstudio des Hamburger Produzentennabob Th. Mynther. Ich faselte so vor mich hin und krönte den Sermon mit den Worten "Et cetera p.p.!", woraufhin ich ad hoc die Frage anschloß: "Wofür steht eigentlich 'p.p.'?"
Es folgte das Schweigen im Walde, dann eine kurze Erhebung, wer von den Anwesenden das Latinum sein Eigen nennen dürfte. Auf meine Aussage, daß ich dergleichen nicht vorzuweisen hätte, fragte Genosse Müller: "Nun, und was hattest Du als Zweitsprache? Burisch?!"
(dann, ausgesprochen unsachlich werdend:) "Afrikaans! Afrikaans! Ich hatte Afrikaans!"
Ich ließ mich nicht lumpen und sprach: "Ja, kein leichtes Ding. Vor allem diese Grammatik hat mich manches Mal an den Krügerrand der Verzweiflung gebracht."
Lediglich zwei Personen lachten darob lauthals.

Dienstag, 31. Januar 2006

Alas, wie unergründlich ist unser Daseyn

Neulich sann ich lange über folgende Frage nach. Es ist ja in diesen Zeiten, da die Wörter und Sätze geschunden und gestaucht werden, vor allem in den Elektromedien Gang zund Gebe, Gefühlsemanationen mit haarsträubenden Hustgraphemen zu kommentieren: *lol*, *lach*, *wein*, *gargl* und so fort.
Da frug ich mich: wenn jetzt Philosophen in einem Philosophen-Chat oder –Forum, stellen wir uns vor, es hieße „Gnôthi Seautónline“, einen Witz ‚posten’, beispielsweise diesen: Kommt Immanuel Kant in einen Kindergarten in Liverpool und sagt: „Ey you bearded cracklicker, I wanna work in this kindergarten!“ – Der Kindergarteninhaber erwidert: „Sure, what’s your name?“ – „Kant.“ – Drauf hin der andere Mann: „Sorry, with this name you can’t work here!“ (oder, als Alternativpointe: Daraufhin haut der andere Idiot Kant voll eins in die Fresse.)
- Wenn die Internetdenker also diesen Witz ‚gepostet' haben, schreiben die dann drunter

;.-)) *proust* ?

Sonntag, 29. Januar 2006

Vorläufiges amtliches Endergebnis

Mit Genosse Scheerer samt Sohn und dessen Mutter im Automobil unterwegs Richtung Innenstadt. Reger Austausch äußerst nichtiger - besser: wichtiger - Details aus dem Leben. Des Freundes Grundschulhausmeister hieß Öse, der meines Gymnasiums Posluschny. Fazit: Scheerer haushoch überlegen.

Samstag, 28. Januar 2006

Das Märchen vom schlauen Katzenhai Kaspar Wolfgangus Adlatus vom Sarazenensund

Einst lebte im Sarazenensund der schlaue Katzenhai Kaspar. Ein gebildeter und höflicher Fisch, der mit Manieren und bescheidenem Wissen die ganze Fauna bis hinab zum Kattegatt beeindruckte und betörte. Meist schlängelte Kaspar sich um Algen und rostige Ölfässer der norwegischen Umweltdrecksauregierung und ersann köstliche Alliterationen, so zum Beispiel "Allahs Aal aß Aas" und ritzte diese mit einer alten Planke in den harschen Meeresboden. Manch vorbeiziehender Sardellenschwarm machte ob der launigen Sätze gerne bei Kaspar halt, um zu ruhen und sich geistig zu nähren.
Eines düstren Tages jedoch näherte sich der Beschaulichkeit im Leben des Kaspars ein drohender Schatten: es war die MS Wallentowitz des ekelerregenden Hamburger Großgrundbesitzers und Aktienspekuleurs Egbert von der Leyen, ein feister, speckgesichtiger Rohling und ein ganz und gar gewissenloser Hurenbock aus der untersten Schublade des Mobiliars der Erdbevölkerung, dem nichts galt außer sein eigner Vorteil!
Dieser zerpflügte mit einem eigens für sein scheußliches Schiff konstruierten Schleppnetz den Boden des Sarazenensundes.
Kaspar, der gerade wieder an einer guten Alliteration arbeitete - er war beim Buchstaben 'k' und das Ergebnis klang noch ein wenig ungeschlacht: "Karpfen Karsten kondoliert klangvoll königstreuer Koralle" usw. - bemerkte nichts vom drohenen Unheil und schwups! befand er sich im Sammelbecken der MS Wallentowitz!
Nun ist Kaspar kein Hai von Traurigkeit, und er besann sich der Worte seinen Urgroßvaters Otger Pawel zu Ruhenfels: "Wer sich nicht windet, dem kann auch keiner was unterschieben." - Ein Leitspruch, der ihm in der augenblicklichen Situation noch sinnfreier vorkam denn je zuvor!
Tage später fand Kasper sich also in der mit Platin verkleideten Badewanne des degoutanten Schwabbelsacks wieder, und da man außer ihm alle eingefangenen Meeresbewohner achtlos zurück in den Sarazenensund gekippt hatte, war er recht allein im großen Bassin, das dem Körperumfang der Fettsau angepaßt worden war.
Wie Kasper in einem Gespräch erlauscht hatte, bestand der Plan, ihn einem kriminellen Ölscheich als Willkommensgeschenk zu überreichen. Nun hatte Kasper aber wenig Interesse, in einem trüben, lauwarmen Emiratsweiher vor sich hinzuschmoren und beschloß, sich schleunigst aus dem Staube zu machen.
Zunächst zog er den goldenen Stöpsel der Badewanne, machte sich sodann recht dünne und verschwand im Abwasserrohr! Von nun an ließ er sich ein wenig treiben, bis er sich in der Sickergrube der Kläranlage Hamburg-Wedel wiederfand. Dort sickerte Kaspar langsam ins Erdreich, um umgehend zu verdunsten und schließlich - gewußt, wie! - über dem Sarazenensund wieder abzuregnen.
Die örtliche Umweltbehörde unter Leitung des beflissenen Seehechtes und Molekularbiologen Ernst Supermarktcassirer hatte die Verwüstungen durch von der Leyens Schleppnetz bereits behoben, und so kehrte Kaspar wieder an seine angestammte Denk- und Wohnstätte zurück. Von seinem kleinen Abenteuer hat er jedoch selten ein Sterbenswörtchen verlautbaren lassen, so bescheiden war unser Freund. Und so lebte er äußerst zufrieden bis an sein Lebensende.

Montag, 23. Januar 2006

Mit Wolf Biermann nach Westen

Vor nicht allzu langer Zeit besuchte ich die Bundeshauptstadt, um in einem Bordell ungestört meinen exzentrischen Vorlieben nachgehen zu können. Als ich das Freudenhaus nach getaner Lustarbeit verließ, sah ich ihn bereits im Foyer stehen: Wolf Biermann, den unbequemen Rabatz-Barden aus meiner schönen Heimatstadt Hamburg. Den Mantelkragen hochgeschlagen, so stand er da und dicke Schweißtropfen zeigten sich auf der zerfurchten Stirn. Ich rief mir ein Taxi und ließ mich zum Ostbahnhof chauffieren. Den derben Dichter hatte ich alsbald wieder aus meinem Gedächtnis gestrichen, und da die Reichsbahn zur Feier des Tages gebratene Leberwurst mit Prinzeßkartoffeln anbot, begab ich mich umgehend in den Speisewagen, wo ich mich zum kühlen Blonden setzte und der kulinarischen Großtat harrte. Am Nebentisch ließen sich zu meiner großen Freude der Schauspieler Henry Hübchen und der Schriftsteller Walter "Echoboy" Kempowski nieder! Ich saß und lauschte ihren wohlgeformten, von Belesen- und Bescheidenheit veredelten Sätzen, und kurz bevor der Zug gen Hamburg startete, wuchtete ein schweinsgesichtiger Heckenpenner eine Drehorgel durch die Türen des Speisewaggons: es war, wer hätte eine Sekunde gezweifelt, der Sänger Wolf Biermann. Da er Kempowski seit Jahr und Tag freundschaftlich verbunden ist, ließ er sich ächzend in die Bank neben Hübchen fallen, worauf dieser sichtlich indigniert reagierte. Biermann schaltete sich sofort ins Gespräch ein, besser: er riß es an sich, bestimmte die Themen (Wolf Biermann), holte eine rostige Leier hervor, mit welcher er seinen Begleitern die neuesten Kompositionen des "besten Dichters seit Menschengedenken" (Wolf Biermann) vorkrächzte und war in Volle und Gänze schlicht unerträglich (Wolf Biermann). Ein Ausbund an Aufdringlichkeit und widerwärtiger Wichtigtuerei. Ungefähr auf halber Strecke quakte er dann in einer Lautstärke, daß noch das arme Bettelmütterlein auf dem Bahnofsdach von Ludwigslust es hätte hören können, daß er "dringlichst zum Scheißhaus" müsse. Das Wort 'Scheißhaus' dehnte Biermann über Gebühr und abartig lustvoll. Kurz nachdem also der Trümmertroubadour in Richtung Abtritt gepoltert war, sprach der bis dahin äußerst schweigsame Henry Hübchen: "Mal ehrlich, Walter - wenn man ein Haus besitzt, das nichts weiter ist als eine klapprige Bretterbude, und es regnet ständig rein und der Wind fegt durch alle Fugen, daß es nur so eine Qual ist: dann hat man doch strenggenommen schlicht und ergreifend ein Scheißhaus." - Kempowski nickte anerkennend.

Mittwoch, 18. Januar 2006

Jewürzjedeech

Da unser Primärtexter, Herr Wennefelder, momentan einen Yogatee-Urlaub auf der Pazifik-Insel Clipperton genießt, mußte ein Ersatzpoet herangezaubert werden. Unter diversen Strapazen gelang es schließlich, den Kölschen Dialektsänger Wolfgang Niedecken zu einem "Leedche" zu bewegen. Herzlichsten Dank hierfür!

Ming Röggelcher
am C
Ich sinn allt widder waach, isch han Hunger,
F C G
denke naach, wat wor dat für ne Naach?
Isch wor bim Lappes in d'r Frittebud,
do sin ja alle Saache jut.
F
Isch schnapp dä Pepita,
G
isch han noch ne Beat da,
C F G
den kloppen isch im Treppehuus

F C F G
Wat ess dat hee in dä Backstub für ne Jetümmel?
F am G
Hürens, Jung, isch will ne Röggelcher met Kümmel


Text: Wolfgang Niedecken, Ulrike Marie Meinhof
Musik: Major Heuser, Stefan Heym

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Absturz in vergangene...
Ziemlich genau wie bei dem von meinem alten Freund...
Hartwig Wennefelder - 26. Apr, 11:36
Eine fürchterliche Idee
Man muß sich seine Freuden im zusehends fortgeschritten...
Hartwig Wennefelder - 19. Feb, 14:32
Guz ist tot
Den aus der Schweiz stammenden Musiker Guz alias Olifr...
Hartwig Wennefelder - 3. Feb, 13:34
Ich kenne den Film nicht...
Ich kenne den Film nicht und würde ihn wahrscheinlich...
steppenhund - 25. Aug, 12:17
Ich und der Cineasmus
Lange, lästig lange Jahre meines Lebens war ich pleite,...
Hartwig Wennefelder - 25. Aug, 10:39

Links

Suche

 

Status

Online seit 7060 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 26. Apr, 11:36

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren