Donnerstag, 18. April 2019

Das Schuldbier

Sich im Gestrüpp zu verheddern, das auf den kleinsten Nebenpfaden der Kulturindustrie geradezu unkontrolliert wuchtert, ja sich rhizomartig in alle Richtungen windet, das ist mir ein Anliegen.
Somit erfüllte "ees" (Horst Tomayer) mich mit warmer Freude, als der freundliche Luigi aus Bari, seineszeichens Betreiber der famosen Schallplatten- und Kassettenmanufaktur Almost Halloween Records, wo nun wirklich jede einzelne Tonträgerin ein vom Chef gestaltetes Kunstwerk und somit Grund genug für eine gesonderte Würdigung hier im Internettagebuch ist, doch dazu später im Jahrtausend, "ees" erfüllte mich also mit warmer Freude, als mir angeboten wurde, mit der Popgruppe Little Whirls zu einer Tribut-Kompilation für das, nunja: legendäre kalifornische Shrimper-Label beizutragen. In aller Kurzfristigkeit entschied man sich für ein Lied des Soloprojektes des Bassisten von Yo La Tengo, Dump. Dazu jedoch in angemessener Zukunft eventuell weitere Informationen.
studio
Eisenharter Subotnik im Long Field's Studio: Drei Viertel Little Whirls

Nach getaner "Arbeit" kam den zwei im Studio verbliebenen Bandmitgliedern das Motto "Man kann ja wohl einmal ein Bier trinken!" in den Sinn, und so begab man sich ein weiteres Mal in die Obhut des fatal gut gelegenen Vertrauensbierladen. Wo es eben so kam, wie es sich jeder im Vorhinein hätte vorstellen können, von den beiden Zechhanseln natürlich abgesehen. Zwei Stunden später nämlich waren sie dann beim lichtausknipsenden "Mansueto" der italienischen Brauerei CRAK. Ein guter Brauereiname, und der barley wine, der, wie sich nachlesen läßt, "invecchiati per 1 anno in botti di Whisky e 3 anni in botti di rum Caroni" ist/wurde, animierte nicht nur zu zerfasertem Gefasel über Verkohlung als Küchentrend, das Pumpernickelbier setzte sich mit seinen zwölf Volt auch tief in den Synapsen ab.
Schuldbier
Das empfehlenswerte Schuldbier.

Fatal! Fatal deswegen, weil ich am folgenden Morgen in aller Herrgottsfrühe einen Termin wegen der Teilnahme an einer Patientenstudie zu einem Medikament gegen Schlafstörungen vereinbart hatte. Dergleichen Quatsch ist nämlich gut vergütet und sollte mir, so hatte ich es mir überlegt, gegen die sommerlochinduzierte finanzielle Klammheit zur Jahresmitte helfen.
Pünktlich um 8:30 fand ich mich also geringfügig verstrahlt in der entsprechenden Institution ein, las mich durch stoßweise Datenschutzerklärungen und Gedöns, um dann von einer Prüfärztin auf meine Tauglichkeit getestet zu werden. Ungut "kam" hier der qua Röhrchenpusten ermittelte Restalkoholgehalt von 0.045 ‰ "an", was mich in Anbetracht der zweiten Null hinterm Komma doch erstaunte. Recht nachdrücklich wurde mir nahegelegt, daß dergleichen während der Studie noch bitte zu unterlassen sei usw. und ich im Anschluß durch einen Fragekatalog gezogen. Ob ich in letzter Zeit geplant hätte, durch einen Unfall zu sterben. Mit welchen der in einer wirklich beeindruckend ausführlichen Liste aufgeführten
Rauschmitteln ich Kontakt gehabt hätte. Ob Freunde oder Verwandte meine Gedankengänge als "ungewöhnlich" bezeichnet hätten. Ob ich in den letzten zwölf Monaten (!) binnen einer Stunde (!!) drei alkoholische Getränke (!!!) schnell (!!!!) zu mir genommen hätte! Undsoweiter, undsofort.
Doch ich kürze ab: Zum Verhängnis wurde mir die vorangegangene Nacht, in der ich ja dank Biergenuß tief und pausenlos geschlafen hatte. Statt nämlich diese besagte hätte ich auf dem "Schlaftagebuchhandy" die letzten sieben Nächte bewerten müssen (und diese natürlich dramatisiert), was mir die Schlaftagebucherklärerin aber meines Erachtens so nicht mitgeteilt hat. Ich glaubte ohnehin, es sei nur so eine kleine Übung, mit der ich unter Beweis stellen sollte, daß ich zwischen "schlecht", "mäßig" und "gut" zu unterscheiden weiß.
Nun, denkste: kurzerhand wurde mir mitgeteilt, daß ich studienungeeignet wäre! Weil ich zu lange und zu gut geschlafen hatte - "wie gesagt, da fehlte nur ein Punkt, dann wären Sie geeignet gewesen" - die Frau sagte nämlich immer "wie gesagt", obwohl sie das noch gar nicht gesagt hatte. Ich bedauerte. Das Geld für diesen einen Termin soll ich aber, "wie gesagt", noch bekommen. Ich begab mich heim und hätte mich augenblicklich wieder ins Bett legen können, da ich mich völlig übermüdet fühlte.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Absturz in vergangene...
Ziemlich genau wie bei dem von meinem alten Freund...
Hartwig Wennefelder - 26. Apr, 11:36
Eine fürchterliche Idee
Man muß sich seine Freuden im zusehends fortgeschritten...
Hartwig Wennefelder - 19. Feb, 14:32
Guz ist tot
Den aus der Schweiz stammenden Musiker Guz alias Olifr...
Hartwig Wennefelder - 3. Feb, 13:34
Ich kenne den Film nicht...
Ich kenne den Film nicht und würde ihn wahrscheinlich...
steppenhund - 25. Aug, 12:17
Ich und der Cineasmus
Lange, lästig lange Jahre meines Lebens war ich pleite,...
Hartwig Wennefelder - 25. Aug, 10:39

Links

Suche

 

Status

Online seit 6708 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 26. Apr, 11:36

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren